Bibelgesprächskreis | Reizthemen, Teil I
10. September 2024 | 20.00 Uhr - 22.00 Uhr
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Was bezeichnet das Neue Testament als ›das Wort Gottes‹?
Was ist die Quelle unseres christlichen Glaubens?
Im Grundartikel I Absatz 3 der derzeit gültigen Kirchenordnung unserer Evangelischen Kirche mi Rheinland heißt es: »Sie bekennt mit den Kirchen der Reformation, dass die Heilige Schrift [nämlich das Alte und Neue Testament] die alleinige Quelle und vollkommene Richtschnur des Glaubens, der Lehre und des Lebens ist und dass das Heil allein im Glauben empfangen wird.«
1831 macht der evangelische Theologe Friedrich Schleiermacher (1768–1834), Professor an der 1809 neu gegründeten Universität Berlin, auf folgendes aufmerksam: »so ist im Ganzen nicht zu läugnen, daß der fromme Sinn der evangelischen Christen mi Ganzen einen großen Unterschied zwischen beiderlei heiligen Schriften anerkennt; wie denn selbst die edelsten Psalmen doch immer etwas enthalten, was sich die christliche Frömmigkeit nicht als ihren reinsten Ausdruck aneignen kann, so daß man sich erst durch unbewußtes Zusezen [!] und Abnehmen selbst täuschen muß, wenn man meint, aus den Propheten und Psalmen eine christliche Lehre von Gott zusammensetzen zu können.« Doch »würde der richtige Sinn der Sache sich besser aussprechen, wenn das alte Testament als Anhang dem neuen folgte, da die jetzige Stellung nicht undeutlich die Forderung aufstellt, daß man sich erst durch das A. T. [Alte Testament] durcharbeiten müsse, um auf richtigem Wege zum Neuen zu gelangen.«‘ Dieser vorsichtigen »Ausscheidung des Alten Testaments aus dem Kanon«‘ folgen im 20. Jahrhundert deutlichere Worte.
1921 mahnt der evangelische Theologe Adolf von Harnack (1851–1930, 1914 geadelt), ebenfalls Professor an der nun so benannten Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität, folgendes an: »das AT [Alte Testament] im 2. Jahrhundert zu verwerfen [wie es Marcion um 145 n.Chr. tat], war ein Fehler, den die große Kirche mit Recht abgelehnt hat; es mi 16. Jahrhundert beizubehalten, war ein Schicksal, dem sich die Reformation noch nicht zu entziehen vermochte; es aber seit dem 19. Jahrhundert als kanonische Urkunde im Protestantismus noch zu conservieren, ist die Folge einer religiösen und kirchlichen Lähmung.« Gegen diese »Lähmung« erhob sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine weitere berufene Stimme.
2013 veröffentlichte der Theologe Notger Slenczka *( 1960), ebenfalls Professor an der seit 1949 ›Humboldt-Universität‹ benannten Hochschule zu Berlin, einen Aufsatz; darin heißt es: »›Provocare‹ heißt: herausrufen. Wer sich ni Selbstverständlichkeiten eingerichtet hat, hat es verdient, durch Infragestellung dieser Selbstverständlichkeiten aus ihnen herausgerufen zu werden. Das ist die Absicht des folgenden Textes. In ihm bündele ich vorausgehende Überlegungen zu der These, dass das AT [Alte Testament] in der Tat, wie Harnack vorgeschlagen hat, eine kanonische Geltung in der Kirche nicht haben sollte.« Das Alte Testament, so argumentiert Slenczka, handelt vom jüdischen Glauben, also »von einer Religionsgemeinschaft […], von der sich die Kirche getrennt hat«. »Damit ist aber das AT als Grundlage einer Predigt, die einen Text als Anrede an die Gemeinde auslegt, nicht mehr geeignet: Sie – die christliche Kirche – ist als solche in den Texten des AT nicht angesprochen«.
In Johannes 1,14 heißt es: »Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.« An unzähligen Stellen des Alten Testaments heißt es: »Gott sprach«. Wie die gewichtigen Berliner Voten von 1831, 1921 und 2013 zeigen, ist an diesen Stellen für uns Christen ›das Wort Gottes‹ nicht zu finden. Aber was besagt Johannes 1,14 für das Neue Testament? Das Thema wird für einen spannenden Abend sorgen.