»Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig«

 

Matthäus 21,5a

Liebe Leserin, lieber Leser,

Mut ist ein interessantes, vor allem aber ein gewichtiges und vielseitiges deutsches Wort. Das machen die zahlreichen zusammengesetzten Wörter deutlich, in denen das Wort Mut steckt: Anmut, Demut, Edelmut, Freimut, Großmut, Hochmut, Langmut, Missmut, Sanftmut, Übermut, Unmut, Wagemut, Wehmut.

Wenn wir heute von Mut sprechen, so hat das meistens etwas mit Wagemut zu tun. Die ursprüngliche Bedeutung von Mut ist jedoch allgemeiner: Mut kommt von dem germanischen Wort môds (im Althochdeutschen muot) und meint das Gemüt, also eine innere Haltung des Menschen.1

Die vielen Wörter im Deutschen, die mit Mut gebildet werden, bezeichnen das Gemüt, das jeweils ganz anders gestimmt sein kann. Die Bedeutungen der verschiedenen Wörter mit Mut sind ganz unterschiedlich: Bei Anmut denken wir an Schönheit, bei Großmut vielleicht an einen großzügigen Menschen und bei Edelmut, Freimut und Wagemut an einen besonders kühnen und ritterlichen Menschen. Wehmütig sind wir, wenn wir zum Beispiel sehnsuchtsvoll an etwas oder jemanden zurückdenken, und missmutig, wenn wir schlechte Laune haben. Und der Volksmund weiß (durch die Bibel – vgl. Sprüche 16,18): Hochmut kommt vor dem Fall, und Übermut tut selten gut. Alle diese Wörter haben etwas mit Mut bzw. unserem Gemüt, das jeweils ganz anders gestimmt sein kann, zu tun.

Der dänische Philosoph und Theologe Søren Aabye Kierkegaard (1813–1855) hebt unter den verschiedenen mit dem Mut zusammengesetzten Wörtern eines besonders hervor, die Sanftmut: »Es gibt in der Sprache ein herrliches Wort, welches sich zugleich willig in mancherlei Verbindung einfügt […] Dies ist das Wort: Mut […] Es ist Mut, welcher kühn der Gefahr trotzt; es ist Großmut, die [!] sich stolz über Benachteiligungen erhebt; es ist Duldemut, der Leiden geduldig trägt: aber die Sanftmut […] ist doch die wunderbarste Zusammensetzung.«2

Die Sanftmut begegnet uns Christen in der Advents- und in der Passionszeit. Sie kommt in der Geschichte Jesu vom Einzug in Jerusalem, wenige Tage vor seiner Kreuzigung (Matthäus 21,1–11), vor. Diese Geschichte ist die vorgesehene Evangeliumslesung3 für den Gottesdienst am 1. Adventssonntag;4 darin heißt es:

»Das geschah aber, auf dass erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten, der da spricht (Sacharja 9,9): ›Sagt der Tochter Zion:
Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttiers.‹« (Matthäus 21,4–5)

Aus unserer Alltagssprache sind die Wörter Sanftmut oder sanftmütig weitestgehend verschwunden. Vielleicht geht es Ihnen ähnlich wie mir: Ich wüsste kein anderes, schon gar kein besseres und schöneres Wort, durch das man die Sanftmut ersetzen könnte, um das auszudrücken, was wir eben mit Sanftmut meinen. Was wir aber eigentlich meinen, wenn wir von der Sanftmut sprechen, das scheint mir, auf Anhieb gar nicht so klar zu sein. Widmen wir uns also in dieser Advents- und Weihnachtszeit einmal der lohnenden Frage: Was eigentlich ist die Sanftmut im Sinne des Neuen Testaments, und was hat sie uns über die Bedeutung von Advent und Weihnachten zu sagen?

Die Sanftmut des neuen Königs (Sacharja 9,9)

»Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel« – Dieses Wort stammt nicht aus der Feder des Evangelisten Matthäus, sondern verdankt sich dem Propheten Sarachja.5 Matthäus baut es in seinen Bericht vom Einzug Jesu in Jerusalem ein, um damit ausdrücken, was das Kommen Jesu bzw. sein Einzug in Jerusalem bedeute. Drei Aspekte fallen auf und greifen ineinander:

  • Matthäus verleiht Jesus den Titel eines Königs.
  • Dieser König kommt sanftmütig.
  • Sein Reittier ist ein Esel.

Beginnen wir mit dem zweiten Aspekt, der Sanftmut, denn sie ist der Schlüssel zu diesem Text: »Von dem richtigen Verständnis des Wortes Sanftmut hängt sehr viel ab«, stellt der Neutestamentler Gerhard Friedrich (1908–1986) zu unserem Text treffend fest. Wo wir im Deutschen in der schönen Übersetzung Martin Luthers das Wort »sanftmütig« lesen, steht im griechischen Urtext des Neuen Testaments πραΰς / praús.6 Das bezeichnet im klassischen Griechisch »das, was unser Gefühl sanft und wohltuend berührt«.7

Da es sich bei Matthäus 21,5 allerdings um ein Zitat aus dem Alten Testament handelt, bedarf es auch eines Blicks in den hebräischen Urtext, um der Bedeutung des mit »sanftmütig« übersetzten Wortes auf die Schliche zu kommen. Im Urtext des Alten Testaments steht in Sacharja 9,9 das Wort עׇנׅי / ani – arm, elend, von Not niedergedrückt, auf Hilfe angewiesen.8

In der hebräischen, jüdischen Tradition ist also ein ganz anderer und eigener Aspekt für die Bedeutung des Wortes prägend: »Für uns hat der Ausdruck sanftmütig oft einen sentimentalen Klang. Der Sanftmütige erscheint als der Weichliche, Feminine, Nachgiebige. Das entspricht nicht der biblischen Bedeutung dieser Vokabel. Sanftmut ist auch etwas anderes als Leutseligkeit. Die Bibel sagt nicht, daß der Mächtige, der Herrscher und Sieger den Untergebenen und Niedrigen Sanftmut erweist, sondern der Sanftmütige ist selbst der Niedere, Vergewaltigte, Leidende. […] Der Sanftmütige ist […] der Arme, Demütige, Geringe, der keine Hoheit und Macht hat, sondern der auf die Hilfe Gottes angewiesen ist.«9

Hier nun fügen sich die beiden weiteren Attribute ein, die der Evangelist Matthäus Jesus mit diesem Zitat gibt: Der Sanftmütige ist ein König, der auf einem Esel reitet.

Zur Zeit Jesu erhofften und erwarteten nicht wenige Menschen – Juden wie Nicht-Juden – das Auftreten eines Erlösers, des Messias oder eines neuen Königs. Seine Erscheinung war mit großen und hohen Erwartungen verbunden. Er sollte als ein mächtiger König kommen, der der politischen Unterdrückung ein Ende macht. Ganz gegen diese oder ähnliche Erwartungen zieht Jesus als der neue König in Jerusalem ein: »Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttiers.«

In diesem Vers wird das Besondere des erwarteten – oder besser gesagt: des ganz und gar nicht erwarteten – Königs ausgedrückt. Das Reittier eines Königs ist das Pferd; Jesus aber reitet auf einem Esel, dem gewöhnlichen Reittier des Landes, das auch der einfache Bürger besitzt. Dieser König kommt sanftmütig, also als ein Geringer und Armer, als ein Machtloser, der keine Hoheit und Macht hat, sondern der auf die Hilfe Gottes angewiesen ist. Er ist kein wehrhafter Herrscher, der von oben bis unten gerüstet ist. Ihm folgen keine Heerscharen, sein Gefolge besteht aus Fischern, Provinzlern, Ausgestoßenen, aus Frauen und Kindern. Mit der Macht dieser Welt hat Jesus nichts, aber auch rein gar nichts zu tun – im Gegenteil. Er ist sanftmütig, das heißt: Seine Macht hat er nicht aus sich heraus, sondern allein von Gott.10

Die Sanftmut als eine Kraft Gottes

Nun drängt sich die Frage auf: Wenn dieser König machtlos daherkommt, wie soll er dann etwas bewirken können? Die Welt weiß keinen anderen Schluss zu ziehen, als dass jemand, der machtlos und auf Hilfe angewiesen ist, nichts bewirken kann. Ganz anderer Meinung ist das Matthäus-Evangelium: »Und als er in Jerusalem einzog, erbebte die ganze Stadt und sprach: ›Wer ist dieser?‹« (Matthäus 21,10) Durch den, der hier sanftmütig einzieht, gerät das Machtgefüge der Welt ins Wanken. Die Sanftmut ist also, so das Neue Testament, sehr wohl eine wirkmächtige Kraft, die Veränderungen herbeiführt.

Eindrücklich schreibt der bedeutende Theologe Adolf von Harnack (1851–1930) in einer Untersuchung über die Sanftmut mit Blick auf die Weltgeschichte: »Den großen Kampf mit der Welt, in welche die christliche Religion einzog, und mit dem Staat, der sie nicht dulden konnte, hat sie wirklich durch Sanftmut und Demut bestanden. Ich weiß in der europäischen Geschichte kein zweites Beispiel, daß eine große ethisch-politische Bewegung sich mit Hilfe dieser Kräfte durchgesetzt hat. Daß sie Kräfte waren, dessen waren sich die Christen auch selbst bewußt. […] die Sanftmut blieb […] eine starke Kraft und sie zeigte sich auch sozialpolitisch den kriegerischen Tugenden überlegen«.11

Worin aber besteht diese Kraft? Der Sanftmütige vertraut nicht auf die eigene Macht, sondern auf die Macht Gottes. Dem sanftmütig kommenden König ruft die Menge zu: »Hosianna dem Sohn Davids! Gelobet sei der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!« (Matthäus 21,9) Doch auf das »Hosianna« folgt bekanntlich kurze Zeit später das »Kreuzige ihn!« (Matthäus 27,22f.) Die große Weltmacht Rom weiß sich gegen den sanftmütigen König auf dem Esel nicht anders zu helfen, als ihn zu kreuzigen. Wenige Tage nach dem unscheinbaren Einzug dieses sanftmütigen, armen und geringen Königs schlagen die Machthaber dieser Welt ihn, den im Gerichtsprozess erwiesenermaßen Unschuldigen,12 ans Kreuz. Größer kann der Kontrast zwischen dem König, auf den wir Christen am 1. Advent verwiesen werden, und der Macht dieser Welt kaum aufgezeigt werden.

Die Sanftmut – das Vertrauen auf Gottes Macht und Hilfe – passt der Welt nicht. Dass die Sanftmut aus unserem Sprachgebraucht verschwindet, ist im Kern nicht nur ein Merkmal unserer modernen Zeit, sondern hat etwas mit dem zu tun, was Adolf von Harnackauf den Punkt gebracht hat. In seiner Untersuchung zur Sanftmut stellt er heraus, dass die Sanftmut schon in der Zeit der ersten Jahrhunderte nach Christus auch von der Kirche immer wieder vernachlässigt wurde. Das hatte politische, weltliche Gründe, die in jeder Zeit ihre Rolle spielen, im Kern aber hat die Bedrohung der Sanftmut zu jeder Zeit einen entscheidenden Grund: »Aber noch von einer anderen Seite her wurde die Sanftmut bedroht und zwar noch viel schlimmer – es war das Leben in der Welt überhaupt, das sie nicht vertrug.«13

Die Sanftmut als eine Frucht des Evangeliums

Fassen wir noch einmal zusammen: Beim Sanftmütigen geht es nicht primär darum, dass er anderen gegenüber Sanftmut erweist, sondern zunächst darum, dass er sich auf die Hilfe Gottes angewiesen weiß – oder anders gesagt: Es geht nicht um eine Charaktereigenschaft, sondern um eine Stimmung unseres Gemüts, die wir dem Wort Gottes verdanken. Deshalb nennt der Apostel Paulus die Sanftmut auch eine »Frucht des Geistes (Gottes)« (vgl. Galater 5,22f.). Die Sanftmut besteht darin, »daß wir das Wort in uns wachsen lassen, ohne ihm den Widerstand unseres Eigendünkels entgegenzusetzen.«14

Wer Gottes Wort hört und es an sich wirken lässt, dem werden die Augen geöffnet: Aus eigener Kraft bestehe ich im Leben nicht. Das Neue Testament zeigt uns aber nicht nur unser Angewiesensein auf fremde Hilfe auf, sondern sagt uns auch zu, dass Gott selbst uns mit seiner Kraft aufhilft. Das Evangelium ist demjenigen »eine Kraft Gottes« (vgl. 1. Korinther 1,18), der darauf vertraut.

 

Die Sanftmut und unser Weihnachtsfest

Einen Aspekt aus dem von Matthäus zitierten Sacharja-Wort haben wir noch nicht benannt: Der König kommt nicht nur »sanftmütig«, er kommt auch »zu dir.« Blicken wir also abschließend einmal ganz auf uns selbst – darauf, was uns die Sanftmut über unser Weihnachtsfest zu sagen hat.

In der Adventszeit steigt bei uns Menschen die Vorfreude auf Weihnachten. Mein Eindruck ist es, dass die meisten Menschen – ganz gleich ob regelmäßige Kirchgänger oder nicht – von diesem Fest etwas erwarten, und zwar nichts Materielles, auch nicht bloß irgendeine Besinnlichkeit, sondern tatsächlich eine Botschaft. In dieser Botschaft liegt der Grund unseres Weihnachtsfestes: »Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.« (Lukas 2,10b–11)

Gottes Wort will uns unser Heil schenken, es will uns heilen von dem, was unserem Herzen Kummer und Schmerzen macht, es will uns heilen von dem, womit wir selbst uns im Wege stehen, uns heilen von unserem Wahn, der Welt mehr zu vertrauen als Gott.

Die Adventszeit dient der inneren Vorbereitung auf Weihnachten. Es geht darum, die vielleicht leise Regung unseres Gemüts, nach Gott zu fragen, nicht übertönen zu lassen von irgendeinem Gedudel und dem ach so wichtigen Getue und Gedröhne der Welt. Die Adventszeit will uns ermutigen: Dein König kommt, er kommt zu Dir, und Du hast nichts zu befürchten, denn er kommt sanftmütig. Öffne ihm in der vor Dir liegenden Adventszeit schlicht die Tür Deines Herzens:

»Macht hoch die Tür, die Tor macht weit;
es kommt der Herr der Herrlichkeit,
ein König aller Königreich,
ein Heiland aller Welt zugleich,
der Heil und Leben mit sich bringt«.

»Er ist gerecht, ein Helfer wert;
Sanftmütigkeit ist sein Gefährt;
sein Königskron ist Heiligkeit,
sein Zepter ist Barmherzigkeit;
all unsre Not zum End er bringt,
derhalben jauchzt, mit Freuden singt:
Gelobet sei mein Gott,
mein Heiland groß von Tat.«15

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Adventszeit und frohe Weihnachten!

Ihr Gregor Wiebe, Pfarrer

Anmerkungen

1   Vgl. Art. »Mut, muth, m. animus«, in: Grimmsches Wörterbuch (Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21), Bd. 12, Sp. (2781–2794) 2781f.

2   Søren Kierkegaard, Wie kann doch die Last leicht sein, wenn das Leiden schwer ist? [Rede über Matthäus 11,30], in: ders., Erbauliche Reden in verschiedenem Geist. 1847 (Gesammelte Werke und Tagebücher Bd. 13, 18. Abt.), Simmerath (Grevenberg Verlag Dr. Ruff & Cp. OHG) 2004, S. (243–261) 252f.

3   Für die Gottesdienste an allen Sonn- und Feiertagen gibt es – neben dem Predigttext – einen festgelegten Text aus einem der vier Evangelien (so genannte Evangeliumslesung). Dieser Text, der – anders als der Predigttext – in jedem Jahr derselbe ist, gibt dem jeweiligen Sonntag einen bestimmten inhaltlichen Schwerpunkt; vgl. Christoph Albrecht, Einführung in die Liturgik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) [11964] 51995, S. 69: »Die Sonntage erhalten ihre kirchenjahreszeitliche Prägung durch die jeweiligen Lesungen, besonders durch das Evangelium.«

4   Die Geschichte vom Einzug Jesu in Jerusalem ist der einzige Lesungstext, der zweimal im Kirchenjahr vorgesehen ist, am 1. Adventsonntag (in der Fassung des Matthäusevangeliums, Matthäus 21,1–11) und an Palmsonntag (in der Fassung des Johannesevangeliums, Johannes 12,12–19).

5   Der Prophet Sacharja [hebr. ץְכַרְיָה (Bedeutung: ›Jahwe hat sich erinnert)‹, griech. Ζαχαρίας / Zacharias) trat vermutlich um 520 v.Chr. auf, in der Zeit des Baus des Zweiten Jerusalemer Tempels; vgl. Konrad Schmid, II. Hintere Propheten (Nebiim), in: Jan Christian Gertz (Hg.), Grundinformation Altes Testament. Eine Einführung in Literatur, Religion und Geschichte des Alten Testaments, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) [12006] 42010, S. (313–412) 407; Klaus Koch, Die Profeten II. Babylonisch-persische Zeit, Stuttgart / Berlin / Köln / Mainz (W. Kohlhammer) 1980, S. 163.

6   Ebenso heißt es in der circa ab dem Jahr 250 v.Chr. entstandenen griechischen Übersetzung des hebräischen Alten Testaments, der so genannten Septuaginta (LXX), bei Sacharja 9,9 πραΰς / praús. Vgl. Septuaginta. Id est Vetus Testamentum graece iuxta LXX interpretes editit Alfred Rahlfs. Editio altera quam recognovit et emendavit Robert Hanhart, Stuttgart (Deutsche Bibelgesellschaft), 2019.

7   Friedrich Hauck / Siegfried Schulz, Art. »† πραΰς, πραΰτης«, in: Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament (ThWNT), begr. v. Gerhard Kittel, Bd. 6, hg.v. Gerhard Friedrich, Stuttgart (W. Kohlhammer) 1959, S. (645–651) 645; vgl. ebd. den interessanten Hinweis: »etymologisch mit frijon lieben, frionds Freund zusammenhängend«.

8   Vgl. Gerhard Friedrich, I. Advent. Mt. 21,1-9 [Predigtmeditation], in: Göttinger Predigtmeditationen (GPM), 9. Jg. (1954/1955), S. (2–5) 3.

9   G. Friedrich, a.a.O. (Anm. 8), S. (2-5) 3; s.a. ähnlich Anton Vögtle, Art. »Sanftmut«, in: Lexikon für Theologie und Kirche (LThK), begr. v. Michael Buchberger, hg.v. Josef Höfer u. Karl Rahner, Bd. 9, Freiburg i.Br. (Herder) 21964 (Sonderausgabe 1986), Sp. 314: »Das bevorzugt mit πραΰς (LXX) wiedergegebene עׇנׅי besagt zunächst soziale, wirtschaftl., polit. Abhängigkeit, wird aber dann z. Ausdruck für die völlige, Gottes Eingreifen als einzige Hilfe erwartende Unterordnung unter Gottes Willen«; Roger Mehl, Art. »Sanftmut«, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft (RGG3), hg.v. Kurt Galling, Bd. 5, Tübingen [J.C.B. Mohr (Paul Siebeck)] 1961, Sp. (1363f.) 1363: »In biblischer Terminologie ist griech. πραΰς (sanftmütig) Übersetzungsäquivalent von hebr. ‛anaw und kennzeichnet den Armen als einen, der sich Gott untergeordnet, aber auch von ihm getröstet weiß und dem Mitmenschen ohne Hochmut und Zorn begegnet.«

10 In diese Stoßrichtung zielt auch die uns vertraute Weihnachtsgeschichte des Lukasevangeliums (Lukas 2,1–20). Hier wird der neue König (Lukas spricht vom »Heiland« / »Retter«, griech. σωτήρ / sotér; vgl. Lukas 2,11) nicht in einem Palast, sondern in der Krippe im ärmlichen Stall geboren (Lukas 2,7).

11 Adolf von Harnack, »Sanftmut, Huld und Demut« in der alten Kirche, in: Festgabe für D. Dr. Julius Kaftan, ord. Prof. d. Theol. in Berlin, zu seinem 70. Geburtstage am 30. Sept. 1918, dargebracht von Schülern u. Kollegen, Tübingen [J.C.B. Mohr (Paul Siebeck)] 1920, S. (113–129) 129.

12 Vgl. Lukas 23,13–25; Johannes 18,38; 19,4.6.12; s.a. Matthäus 27,18.25; Markus 15,10–15.

13 von Harnack, a.a.O. (Anm. 11), S. (113–129) 128.

14 Vgl. dazu Mehl, a.a.O. (Anm. 9), Sp. (1363f.) 1364: »Jesus weiß sich in der Armut und Schwachheit (πραΰς) und in der Niedrigkeit des Herzes (ταπεινὸς τῇ καρδίᾳ) ganz auf Gott gewiesen. Unter der Verheißung stehen die Sanftmütigen (Matthäus 5,5), weil sie, Gottes gnädigen Willen voll anerkennend, sich aller Eigenmächtigkeit bei der Lebensbewältigung enthalten (vgl. auch Sir 1,27). Jesus ruft die vom Leben Geschlagenen zu sich und verheißt ein ›sanftes (χρηστός), leicht zu tragendes Joch‹ (Matthäus 11,30). […] die S[anftmut]. [bildet] ein Merkmal seines Reiches. […] So eignet auch dem gerechtfertigten Menschen das Merkmal der S[anftmut]., freilich nicht mehr als Charaktereigenschaft, sondern als Frucht des Geistes (Galater 5,22), als eine der neuen Kreatur geschenkten Gabe […] S[anftmut]. besteht als Glaubenshaltung darin, daß wir das Wort in uns wachsen lassen, ohne ihm den Widerstand unseres Eigendünkels entgegenzusetzen.«

15        1. und 2. Strophe des Liedes »Macht hoch die Tür« von Georg Weissel (* 1590 Domnau / Ostpreußen, † 1.VIII.1635 Königsberg / Preußen), 1642; vgl. Ev. Gesangbuch 1,1–2.