Bibelgesprächskreis | Tersteegen und der rheinische Pietismus, Teil I
23. September 2025 | 20.00 Uhr - 22.00 Uhr
»Das 18. Jahrhundert – die Aufklärung und der Pietismus«
Am ersten Abend verschaffen wir uns einen Überblick über das Leben und Denken des 18. Jahrhunderts. Dazu lesen wir Auszügen au seinem Text Karl Barths (1886–1968). Folgende Ausschnitte mögen Sie neugierig machen:
»Der Mensch des 18. Jh. ist der Mensch, dem es nicht länger unbekannt bleiben konnte und dem in allen Konsequenzen klar wurde, was das bedeutete: daß Kopernikus und Galilei recht hatten, daß seine, des Menschen große, reiche Erde, der Schauplatz seiner Taten, nicht der Mittelpunkt der Raumwelt, sondern in dieser Raumwelt ein Stäublein unter unzähligen anderen ist. Was bedeutete sie, diese geradezu apokalyptische Umwälzung des Weltbildes? Unerhörte, grenzenlose Demütigung des Menschen? Nein, antwortete der Mensch des 18. Jh., der diese Erkenntnis nicht gemacht, wohl aber zuerst voll und allgemein realisiert hat, nein, um so größer steht der Mensch da, noch ganz anders steht der Mensch im Mittelpunkt aller Dinge, der diese umwälzende Wahrheit durch eigene Mittel in Erfahrung zu bringen und in Begriffen zu denken (…) vermag.« »Darüber hinaus beginnt der Mensch des 18. Jh. seiner Macht zur Wissenschaft und durch Wissenschaft bewußt zu werden.«
»Es kann uns nun gerade von da aus nicht verwundern, daß das 18. Jh. auch in ausgesprochener Weise ein Jahrhundert der Pädagogik gewesen ist. (…) Man ist jetzt immer mehr davon überzeugt, daß das Erziehen ein Geschäft ist, das auf einer Möglichkeit beruht, die wir durchaus in unsere Hand gegeben finden, daß also das Geschäft des Erziehens zum Gegenstand besonderer Reflexion gemacht werden kann und gemacht werden muß. (…) Man ist jetzt auch davon überzeugt, daß erziehen zu können daß – wie man meint, den Menschen überhaupt zu durchschauen und nehmen zu könnten glaubte – der erwachsene Erzieher jetzt auch im besonderen meinte, das Kind als Kind sehen, verstehen und behandeln zu können. (…) Man ist jetzt schließlich auch in dem Sinn überzeugt von dem, was man auf diesem Felde will, kann und vollbringt, daß die Erziehung es wagt, sich der Verkündigung, also die Schule es wagt, sich der Kirche gegenüber in zunehmendem Maß selbstständig, ja überlegen zu wissen.« Gleichzeit was das 18. Jh. »so fromm wie irgend ein anderes Jahrhundert. (…) Denn das ist die große positive Entdeckung, die der christliche Bürger dieser Zeit gemacht hat: das Christentum ist gerade nicht Lehre, sondern Leben, seine Lehre selbst ist nur um des Lebens willen Lehre.«